Social Trading – wirklich eine Innovation?
Endlich sehe ich eine kleine Bewegung in der Bankenlandschaft. Neue Startups, zum Teil mit erheblichen Fremd- und Eigenmitteln finanziert, versuchen, die Idee Web 2.0 in innovative Finanzprodukte umzusetzen. Damit will man neben Geld auch mehr Transparenz in der immer noch undurchsichtigen Branche gewinnen. Die Anzahl der neuen Finanzdienstleiter steigt an und ich habe mir ein paar angeschaut und zwei von ihnen Ayondo und Wikifolio mehr Aufmerksamkeit gewidmet.
Das Ergebnis war für mich ambivalent. Vielleicht habe ich zu viel erwartet. Positiv ist die Seriosität, ein klares Geschäftsmodell samt Gebührenstruktur. Es ist meilenweit vor der Geheimnistuerei der Großbanken, die einem unzählige Formulare, Prospekte aushändigen und am Ende ist man weniger schlauer als vorher.
Aber bedeuten die neuen Anbieter im Social Trading wirklich etwas Neues?
In den von mir analysierten Fällen sieht das Geschäftsmodell grob gesehen immer ähnlich aus. Eine User-Gruppe bietet ihre Trading-Ideen an und die anderen User setzen sie um. Idealerweise sollte die zweite Gruppe die von der Plattform zur Verfügung gestellte Infrastruktur nutzen und die Transaktionen über partnerschaftlich verbundenen Banken abwickeln. Dabei fallen naturgemäß Gebühren an.
Im Einzelnen werden bei wikifolio Zertifkate auf die virtuellen Musterdepots emittiert. Dieser Prozess ist sehr transparent und juristisch durchdacht. Am Ende können die Follower die Zertifikate kaufen. Verdienen sie, dann ist meistens eine Performancegebühr zu entrichten. Und die Emittenten bekommen ein kleine Prämie.
Bei Ayando werden auch nur die Ideen zu Verkauf geboten. Die Follower können aber diese Ideen im automatisierten Handel umsetzen.
That’s all
Und was halte ich davon? Nun, wenn das der Beginn einer größeren Entwicklung ist, dann ist es wärmstens zu begrüßen. Wenn nicht, dann ist es alter Wein in neuen Schläuchen.
Ich würde mir sehr wünschen, wenn ich echte Depotbewegungen sehen würde. Es ist immer einfach, Tradingsignale zu generieren, diese aber selbst nicht zu handeln. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Dann aber taugen diese Signale nur sehr bedingt zum Nachahmen, weil sie zum Beispiel zu hohen Hebel einsetzen. Virtuell wie gesagt kein Problem.
Echte Transaktionen zu vernetzen wäre ein echter Schritt nach vorne, es ist vermutlich aus Rechtsgründen nicht möglich. Zumindest in Deutschland scheint es problematisch. Allerdings, so glaube ich, tun es manche ausländische Anbieter, wie Oanda.
Ich denke dennoch, dass der neue Trend in der Investment-Industrie zahlreiche Möglichkeiten eröffnet. Die Positionierungen der besten Trader könnte man doch zu einem Indikator zusammenfassen. Und so weiter.
Am Ende stellt sich für mich trotzdem die Frage, ob es überhaupt einen Sinn macht, wenn alle dem besten Trader folgen würden, von der Echtheit ihrer Trades mal abgesehen. Wenn ich als Supertrader 10.000 Follower habe ich jetzt 10 DAX-Kontrakte kaufe, dann tun es auch möglicherweise die 10 000 Follower. Wer wird dann noch den DAX verkaufen? Kriegen alle 10.000 den empfohlenen Preis? Zum Schluss wird es heißen, das man zwischen verschiedenen Tradern diversifizieren muss. Und dann sind wir wieder 40 Jahre zurück, als man versuchte die Kapitalmarktheorie mit der Risikostreuung über Diversifikation in die Praxis umzusetzen.
Spätestens 1987 sahen wir das Scheitern dieses Konzepts.