Mit Erstaunen verfolge ich die laufende Debatte um den Bundespräsidenten, bzw. ihre Fortsetzung nach dessen Wahl. Es mag daran liegen, dass ich in der Bundesrepublik nicht aufgewachsen bin und unabhängig von meinem Pass ein distanziertes Verhältnis zu den emotionalen politischen Diskussionen habe.
Für einen Außenstehenden ist es doch offensichtlich, dass man in der Bundesrepublik keinen Bundespräsidenten benötigt und will. Man will den Amtsinhaber selbst bestimmen und erwartet andererseits, dass dieser dem hohen Anspruch gerecht wird, an den man sich gewöhnt hat und ihn nicht aufgeben will.
Beides geht doch nicht. Ich kann nicht einen durchschnittlichen Bundesbürger aus der Mittelschicht zum Staatsoberhaupt wählen und gleichzeitig vom ihm eine Verwandlung zum Adligen nach der Wahl erwarten. Ich sehe hier einen Widerspruch und einen lächerlichen Versuch, gemäß den Regeln der sozialen Netzwerke, einen Präsidenten aus den von uns bevorzugten Eigenschaften zusammenzubauen. Wir wollen also einen Patchwork-Präsidenten. Das wird genauso scheitern wie eine Partnersuche bei einer Partnervermittlung im Internet, in den meisten Fällen zumindest
C. Wulff war ein solcher Patchwork-Bundespräsident. Unkompliziert, pragmatisch und mit allen Facetten, die dem Vertreter der Mittelschicht eigen sind.
Nun hetzte man ihn aus dem Amt, weil er eben so war.
Da fällt mir nur das berühmte Zitat aus der Bibel ein:
„Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie.“
(Johannes, 8 /2-11).
Gut, nun ist es geschehen und die Suche begann. Joachim Gauck war sozusagen von Anfang an der Plan B. Denn die Mehrheit der Deutschen will nicht nur einen Präsidenten, der die ohne beschriebenen Eigenschaften hat, sondern sie will auch einen verlässlichen und vertrauten Menschen im höchsten Amt sehen.Wir Deutschen sind halt etwas konservativ.
Diese dritte Anforderung unterstreicht die Widersprüchlichkeit unserer Erwartungen an den Bundespräsidenten.
Herr Gauck war den meisten von uns noch aus der letzten Wahl bekannt und ich deswegen stets mit einer breiten Zustimmung mit seiner Wahl gerechnet habe. Ob er tatsächlich der „Präsident der Herzen“ sein könnte, bleibt jedoch anzuzweifeln. Aber soll ein Staatsoberhaupt tatsächlich der König der Herzen sein, wie etwa Prinzessin Diana ( + 1997)? Muss er auch nicht ab und an unbequeme Wahrheiten sagen.
Ich selbst bin der Überzeugung, die Deutschen wollen und brauchen keinen Präsidenten, der lediglich eine repräsentative Funktion hat und quasi über dem föderalen Staat wachen sollte. Das Modell Frankreich oder Polen könnte hier der Rollendefinition des Bundespräsidenten ein Vorbild sein. Eine starke Frau oder ein starker Mann an der Spitze des Staates ist, was die Menschen wollen.
Oder man findet sich damit ab, dass Staatsoberhäupte Menschen wie Du und ich sind.
Wenn aber schon, dann ist Herr Gauck keine schlechte wenn auch nicht gerade sehr charismatische Figur.
Oder wir entscheiden uns für ein neues Experiment und schlagen Herrn Maschmeyer von AWD für das Amt vor. Schließlich taucht er inzwischen mit auf den Photos mit zahlreichen Politikern auf, und da er viel Geld hat, wäre er auf Spenden reicher Freunde nicht so sehr angewiesen, wie etwas sein Vorgänger.
Ähnlich geeignet erscheint mir weitere TV-Prominenz. Wie wäre es mit G. Jauch?
Irgendwie vermisse ich die Zeit Richard von Weizsäcker. Er war für mich der letzte Präsident, welcher dem Anspruch an das Amt gerecht schien. Oder zumindest sahen es die meisten so.
Was ich überhaupt nicht verstehe, ist die Kampagne, die zurzeit im Netz gegen Herrn Gauck geführt wird. Hier ein Beispiel.
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/7931/kandidat-der-herzen-ein-theologe-der-herzlosigkeit