Vor zwei Jahren habe ich mich gelegentlich zum Thema Banken und social media geäußert. Auch hier.
https://basili.wordpress.com/2012/03/31/social-banking-es-wird-keine-revolution-geben/
Ich sah die Entwicklung insgesamt negativ. Vor allem, wenn man den Fokus auf etablierte Institute richtete, wurde man enttäuscht, was die Innovationsbereitschaft der gesamten Branche angeht.
Danach interessierte mich das Thema weniger. Und es war auch gut so, denn so konnte ich die Entwicklung besser einschätzen.
Aus den social media ist social banking geworden – ein weit umfassender Begriff.
Die folgende Seite fasst die wesentlichen Aspekte des „sozialen Bankings“ zusammen.
http://www.konto.org/social-banking/
Es werden dort drei Teilbereiche beschrieben:
– Nachhaltiges Banking – hier stehen im Mittelpunkt ethisch und ökologisch vertretbare Produkte. Die Institute heißen „Social Banks“. Zu ihnen gehören unter anderem: GLS Bank, Ethik Bank, Triodos Bank, Umwelt Bank. Es handelt sich nach wie vor um privatwirtschaftliche Institute, die in ihrer Strategie die moralischen und ökologischen Belange fest verankert haben. Social Banks unterstützen erneuerbare Energien, meiden das Rüstungsgeschäft, vergeben Kredite an Kleinunternehmen in Südamerika und handeln im Sinne der Mitarbeiter.
Mit den Social Banks will ich mich nicht weiter beschäftigen, weil sie für mich keine echte Innovation bedeuten, zumal einige von ihnen schon lange existieren. Wohl aber finde ich die Idee gut, wenn auch die Mitarbeiter am Ende davon profitieren, was auch zum sozialen Banking gehört.
Mich interessiert vielmehr das Community Banking das auch auf der Seite
http://www.konto.org/social-banking/community-banking/
beschrieben wird, wenn auch sehr allgemein und über mein Lieblingsthema Trading fand ich dort nur wenige Infos.
Mich interessierte mehr die Frage, ob bereits in deutschen Finanzinstituten der „wind of change“ zu spüren ist. In der zitierten Seite wird lediglich Fidor als der Klassiker unter den webbasierten Finanzdienstleitern genannt und ein paar andere Institute, die sich bemühen, etwas an ihren Geschäftsmodellen zu ändern.
Ist das schon alles?
Als vor genau 5 Jahren die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte, fragten sich viele nach der Zukunft der traditionellen Bankenwelt. In der zum Teil sehr unsachlich geführten Diskussion wurde eine neue heile Welt gemalt, in der Banken ein „transparentes“ Geschäftsmodell verwenden, das sowohl Aktionäre als auch den Rest der Gesellschaft unter privatwirtschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten zufriedenstellen wird.
Man erwartete auf jeden Fall, dass sich die Banken in Eigenregie verändern. Andere Branchen hatten es schließlich auch geschafft. Ich denke dabei an die Automobilindustrie, die Höhen und Tiefen in den letzten Jahren durchlebt hat. Die Daimler Benz wurde zu Daimler Chrysler und dann wieder zu Daimler. VW führte flexible Arbeitszeitmodelle ein und unter welchem Innovationsdruck die Opel AG steht, wissen wir alle. Ebenso selbstverständlich ist die Wandlungsfähigkeit in der Pharmaindustrie. Die Biotechnologieaktien gehören seit Jahren zu den Gewinnern der internationalen Börsen. Ähnlich bei den erneuerbaren Energien, die inzwischen laut FAZ ihr Comeback feiern.
Man kann beliebig viele Beispiele nennen. Und wie sieht es bei Banken aus, die im Gegensatz zu anderen Industriezweigen so tief gefallen sind, dass der Staat helfen musste und die Tag und Nacht an ihren Zukunftsmodellen arbeiten müssten.
Was sehen wir in den Geschäftsberichten?
Die Deutsche Bank schreibt in den Zahlen 2012:
„Für die Umsetzung unserer Strategie 2015+ sind fünf Ansatzpunkte entscheidend: Kapital, Kosten, Kompetenz, Kunden und Kultur. Auf all diesen Feldern machten wir 2012 erhebliche Fortschritte und schufen so eine solide Ausgangsbasis für 2013.“
Die Postbank formuliert es noch allgemeiner in ihrem Geschäftsbericht:
„Wir bieten unseren Kunden die besten Lösungen für ihre finanziellen Grundbedürfnisse
rund um die Themen Geld, Haus und Vorsorge: Mit einfachen, transparenten Produkten
zu attraktiven Konditionen und reibungslosem Service.“
Die Berichte sind auf den Webseiten der Banken zu finden. Nebenbei bemerkt sollten doch beide Institute eine gemeinsame Strategie haben…
Man könnte die Ziele der großen deutschen Banken vertauschen und zwar sowohl mit den eigenen aus früheren Jahren als auch mit denen der anderen Institute und würde kaum den Unterschied merken.
Jetzt aber zurück zur Kernfrage des Artikels.
Was hat sich seit 2008 in der Bankenwelt verändert?
Wenn man tiefer in die Berichte schaut, dann fällt einem nur eins auf – Banken haben unter enormem Druck seitens der Aufsichtsbehörden das Risikomanagement perfektioniert. Das Bewerten und Aggregieren von sämtlichen Risiken hat man nach der Krise sehr gut gelernt und will damit auf die nächste Krise vorbereitet sein, die natürlich ganz anders aussehen und neue Probleme ans Tageslicht bringen wird…
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Berater für Gesamtbanksteuerung sehe ich täglich Berichte in den Instituten, in denen es nur um eine noch umfassendere Darstellung der Risiken geht.
Und Ertrag? Nun dieser ist immer noch die wichtigste Kennzahl. Und die Kosten auch.
Es ist darüber hinaus zu keiner Revolutionen innerhalb der etablierten Finanzdienstleister gekommen. Ja, die meisten sind heute in den sozialen Netzwerken vertreten. Sie twittern zum Beispiel und erinnern in ihrem Facebook-Auftritt an das JP Morgan Training. Toll!
Das ist für mich „Möchtegerne-Social-Banking“, sonst nichts. So ein wenig wie Dienst nach Vorschrift in der digitalen Welt.
Neue Produkte? Neue Ideen? Fehlanzeige. Zumindest ist es bei großen etablierten Banken so. Diese kämpfen gegen die Aufsicht und sie sparen.
Auch technologisch ist seit 14 Jahren wenig passiert. Ein bisschen TAN-Generator, etwas besseres Online-Banking und das war’s. Ab und an bekomme ich E-Mails mit der Benachrichtigung über ein neues Forum der EUREX, in welchem neue Ideen diskutiert werden sollen. Es ist inzwischen wieder dicht. Ach ja, das IT-Sicherheitsproblem ist inzwischen erkannt worden.
Erstaunlich, oder?
Eine Revolution von Innen ist also in der Finanzbranche ausgeblieben. Aber sie kommt von Außen. Eine Entwicklung, die ich anfangs nicht ernst nahm. Als 2009 auf einer Konferenz Smava vorgestellt wurde, machte ich den gleichen Fehler, wie 1989, als die Wende in Polen eingeleitet wurde. Ich erwartete nichts Großes.
Ich lag falsch. Die Gründerszene mit den innovativen Unternehmen in der Finanzbranche wird immer größer.
Geld ist ein leicht zu handhabendes Medium. Anders als beim Autobau oder der Medikamenten-Herstellung kann jeder von uns Kredit vergeben oder das Geld eines anderen anlegen. Geld ist außerdem allgegenwärtig. Für jeden greifbar.
Deshalb ist es im Prinzip einfach, etwas mit dem oder ums Geld anzubieten. Es kommt hier eher auf den Bedarf und die Technologien an.
Auf Smava folgten viele andere Plattformen für die Dienstleistung, die auch als Community Lending (http://www.konto.org/social-banking/social-lending/) bezeichnet wird – für private Kreditvergabe. Und das Geschäft wächst.
Gleiches gilt für das Thema Investments. Ich selber bin mittlerweile in einigen Community-Trading-Plattformen unterwegs. Und es gefällt mir.
Auffällig ist dennoch ein weiterer Aspekt.
In Deutschland scheint der sog. FinTech (Financial Innovation)–Boom nicht wirklich angekommen zu sein.
Laut der folgenden Studie
liegt der Anteil der FinTech-Startups in den sog. DACH-Ländern bei 0,6% und somit weit unter Großbritannien (30%) und den USA (60%).
Da ist noch viel Luft nach oben… Und es wird sich sicherlich noch einiges auch bei uns tun. Die 2. Phase der technologischen Revolution hat erst begonnen.