Nun landete das Thema bei mir, nachdem wirklich jeder, der etwas über Börse zu sagen hat, darüber schrieb und in der Regel auch in Videobeiträgen kommentierte.
Hier noch mal zur Erinnerung.
Eine Änderung des Einkommenssteuergesetzes (EStG) wird ab 2021 die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bestimmter Finanzprodukte beschränken. Die Auswirkungen der Änderung können gravierend sein.
Nach § 20 Absatz 6 Satz 4 werden die folgenden Sätze eingefügt:
„Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen.“
Ein Bundesratsausschuss hat inzwischen nach einer Überprüfung eine Anpassung des Jahressteuergesetzen aus vielen Gründen empfohlen. Es beseht also die Hoffnung, dass es doch anders ausgeht.
Ich selbst glaube nicht, dass hier ein Entgegenkommen seitens der schwarz-roten Koalition zu erwarten ist, Denn der Trend steht, man wolle Kleinanleger von Kapitalmärkten fernhalten. Hier zeigt sich aber auch wie wenig Sachverstand in der Koalition existiert, vielleicht sogar weniger als in puncto Corona. Das simultane Realisieren von Gewinnen und Verlusten ist essenziell für die Termingeschäfte. Sonst hat es doch keinen Sinn.
Um es zu verdeutlichen hier ein Beispiel: Wer etwa mit Optionen Gewinne von 100.000 Euro und Verluste von 80.000 Euro in einem Jahr erzielt hat, musste bislang nur die Differenz, gewissermaßen den Reingewinn, also 20.000 Euro, versteuern. Bei 25 Prozent Abgeltungssteuersatz wären damit 5.000 Euro an Steuern fällig. Nach der neuen Regelung, bei der lediglich 10.000 Euro der Gewinne mit den Verlusten verrechnet werden dürfen, entsteht eine Steuerlast von 22.500 Euro. Das sind 25 Prozent auf die 90.000 Euro an Gewinnen, die nicht mit den Verlusten verrechnet werden können. Der Anleger muss in diesem Fall also nicht nur seine kompletten Gewinne an den Fiskus abführen, sondern sogar noch weitere 2.500 Euro ans Finanzamt zahlen.
Aber der springende Punkt ist, dass gerade mit Derivaten sind die Spread oder Kombinationsgeschäfte das Kernstück. Nun sollte man davon Finger lassen.
Ich kann mir einige wahre Beweggründe vorstellen. Offiziell heißt es, man wolle die Spekulation eindämmen. Das ist schon ein falscher Ansatz. Spekulation ist der Nährstoff der Kapitalmärkte. Ohne viele Teilnehmer mit unterschiedlichen Erwartungen, Risikobereitschaft und Handelshorizont gäbe es keinen Markt sondern ein Monopol. Aber vielleicht gerade darum geht es. Nehmen wir die Deutsche Terminbörse EUREX. Der Einfluss der Privatanleger könnte die großen institutionellen Anleger stören. Erstens spielen die Kleinanleger gegen den Marketmaker. Die Quotes werden gemütlich so gestellt, dass Marketmaker, der ja gewöhnlich von einem großen Finanzdienstleister stammt, an Kauf-Verkauf-Spanne verdient. Nun komme ich und stelle mich in die Mitte. Das nervt!
Zweitens, an der EUREX scheinen sich die großen Investoren vor dem Verfall längst abgesprochen zu haben. Schauen wir auf den heutigen Stand am 13.12.2020. Die meisten offenen Kontrakte in DAX-Optionen und Verfall im Dezember sind beim Basispreis 13000 verdichtet. Die großen Institutionellen haben sich schon vor Wochen darauf geeinigt, dass der DAX im Dezember-Verfall bei 13000 liegen sollte. Wenn aber eine Schar unterkapitalisierter Zocker im Spiel ist, besteht immer die Gefahr, dass der Plan kippt. Vielleicht werden sich die Kleinen auf eine Rally in den USA stürzen und den DAX auf 13500 hieven? Und was dann? Der dynamische Trader bei der Deutschen muss schauen, dass seine offenen Calls auf der Shortseite nicht zum GAU werden.
Es gibt nur wenige Broker in Deutschland, die den EUREX – Handel für Kleinanleger anbieten. Das scheint für Banken nicht die Nische zu sein. Offensichtlich produzieren die Retails viel Arbeit und bringen wenig Profit. Keine Ahnung.
Im Blog invest-signale.de habe ich mehrfach auf die sehr kundenunfreundliche Haltung der EUREX (und der Deutschen Börse) hingewiesen. Insbesondere fallen hohe und völlig intransparente Marginanforderungen auf. Von der schlecht lesbaren EUREX-Webseite abgesehen.
Letztn Endes könnte der Grund banaler sein. Der Staat will einfach Geld eintreiben und der etwas wohlhabendere Mittelstand beitet sich dafür an, Von den Armen ist nichts zu errwaten. Und die Reichen haben immer noch zu starke Lobby. Sonst hätte man doch längst eine Vermögenssteuer eingeführt oder würde zumindest die hohen Erbschaften mit höherer Steuer belastet. Immerhin wird der Beruf „Sohn oder Tocher“ immer populärer in einem Land, dass seit 1944 keine echte wirtschaftliche Krise erlebt hat… Naja, dann hoffen wir zumidest nach der Corona-Painik auf eine etwas gerechtere Umverteilung.
Was können die deutschen Freunde der Termingeschäfte jetzt tun?
Hier ein paar Ratschläge zusammengefasst:
- Keine Beratungsseminare buchen. Inzwischen ist das Internet und YouTube mit diversen kostenpflichtigen Webinaren gefüllt. Finger weg davon! Und nicht in Panik den Steuerberater gleich kontaktieren. Ich selbst habe noch nie im Leben einen Steuerberater mit irgendetwas beauftragt. Auch als Selbständiger kümmerte ich mich selbst um die Steuern Ich bereute es nie, auch wenn sicherlich einige Panen dabei passiert sind.
- Ruhig Füsse stillhalten zum Jahresanfang. Ich würde generell anfangs Geschäfte tätigen, die keine hohe Absicherung erfordern. Bei Cash Secured Puts sichern Sie sich mit einem Long-Put ab, der erheblich günstiger ist. Wenn Sie Coverd Calls schreiben, dann weit aus dem Geld. Vielleicht verzichten Sie gänzlich auf die Absicherung. Dafür müssen Sie lediglich eine kleinere Position eröffnen.
- Überdenken Sie generell Ihre Handelsstrategie. Vielleicht wäre es sinnvoller, zu kaufen statt zu verkaufen? Ist Stillhalten wirklich die bessere Variante. Schon simple Backtest-Techniken zeigen, dass der Kauf oft lohnenswerter ist.
- Überhaupt trifft das Gesetz insbesondere die heavy Trader, die viele Geschäfte am Tag durchführen. Müssen Sie es wirklich auch tun? Bei Future-Daytrader erübrigt sich die Frage, aber Optionen sind für mich vor allem Investment-Produkte wenn man sie verkauft oder sind nichtlineare Finanzprodukte, falls ich sie kaufe. Ich muss nicht täglich viele Stillhaltergeschäfte durchführen.
- Es gibt andere Tricks. Wenn Sie in Ihrem Familien- und Freundeskreis mehrere Personen mit Depots und Termingeschäftsfähigkeit ermitteln, dann ist das gemeinsame Handeln auch eine Lösung. Natürlich handelt jeder in seinem Namen, Sie können mit der Person durchaus eine gemeinsame Strategie abstimmen. Bei drei solcher „Clan-Konten“ können die Verluste schon insgesamt 30000 Euro betragen.
- Eine Trading-GmbH gründen. Hier kenne ich nicht nicht so gut aus, und ich halte es nicht für jeden für eine gute Idee. Schließlich würde es heißen, jeder professionelle Anleger in Deutschland muss automatisch Unternehmer werden, sonst lohnt es sich nicht zu investieren. Das ist doch Quatsch, aber wer weiß… Eine GmbH bedeutet etwas mehr, Sie müssen den ganzen Steuerkram ausfüllen, und plausibel den Geschäftszweck der Gesellschaft definieren. Von regelmäßigen Reporting-Pflichten abgesehen. Und nicht wenige von Ihnen sind als Angestellte tätig und ich bezweifle, dass jeder Arbeitgeber eine nebenberuflich geführte Zocker-GmbH beim Mitarbeiter begrüßen würde.
Zusammenfassung:
Reagieren wir ganz ruhig und abwartend einerseits und stellen allmählich unsere Geschäftsstrategie um. Denn Opportunismus ist eine der wertvollsten Eigenschaften einer Optionshändlers.