Verkauf nackter Optionen – wie lukrativ ist das?

Beinahe jeder, der begriffen hat, wie Optionshandel funktioniert und ihn auch in Praxis testete, landet irgendwann bei den Stillhaltergeschäften mit nackten Optionen.

Der Reiz ist groß. Ich riskiere viel aber anscheinend mit niedriger Eintrittswahrscheinlichkeit. Ähnlich wie beim Fliegen oder Autofahren. Lange Fahren vor allem Nachts sind vielleicht nicht immer lebensbedrohlich, aber falls etwas um 3:35 Uhr auf der Autobahn passiert, kann dies Ihr Ende bedeuten. Noch krasser sieht die Bilanz beim Fliegen.

Die Ruinwahrscheinlichkeit beim Verkauf nackter Optionen ist deutlich höher die Sterberisiko beim Autofahren. Trotzdem tun es viele und sie verlieren irgendwann so viel, dass sie sich vom Geschäft verabschieden.

Wenn Sie einen nackten Put verkaufen, vergeben Sie das recht, den Basiswert ( Underlying) zum festgelegten preis zu verkaufen und zwar spätestens beim Verfall der Option. Sie riskieren den Differenzbetrag zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem künftigen Schlusspreis minus die eingenommene Prämie. Somit liegt Ihr maximales Risiko beim aktuellen Preis des Basiswerts abzüglich der Prämie. Das ist eine greifbare Zahl. In der Tat habe ich während meiner 20 Jahre im Optionshandel eine solche Situation nur einmal erlebt – beim Wirecard. Aber das ist eine andere Geschichte. Die meisten Unternehmen im DAX gehen nicht pleite. Außerdem können Sie auch Puts auf den Index verkaufen. Klar, auch dieser kann auf Null fallen, dass könnte theoretisch eintreten, wenn der Jüngste Tag bevorstünde- sprich das Ende des Irdischen Lebens. Aber auch in dieser Situation könnten Sie Ihre Position wegen der extremen Volatilität auf die nächste Periode rollen. Immer würden sie Verrückte finden, die an den neuen Anfang glauben würden. Allerdings vermute ich, das die meisten doch eher zur Beichte laufen würden…

Anders als bei Puts kann das Risiko beim Verkauf von Calls unendlich hoch sein.Ich selbst habe wie gesagt eher das Gegenteil – eine Insolvenz und Kurse = 0 öfter gesehen als einen unendlichen Anstieg. Es hat schon dennoch Ereignisse gegeben, die diese Gefahr verdeutlichten.

Als Porsche einst Volkswagen übernehmen wollte | Wirtschaft | DW | 23.07.2019

Im Jahr 2008 strebte Porsche eine vollständige Übernahme des VW-Konzerns. Die Geschichte ist lang, für uns ist nur interessant, dass aufgrund von Spekulationen stieg der VW-Kurs an einem Tag bis auf 1000 Euro. Nicht wenige Leerverkäufer wurden insolvent.

Mit Indexoptionen sieht es nicht so schlimm aus. Alleedings kann es auch hier zum teil riesige Gaps geben. Man denke an den Tag nach der Machtübernahme durch Trump. Entgegen der Erwartung der Gurtmenschen-Presse stiegen die Aktienmärkte kräftig an und die Rally dauert anschließend bis Trump abdankte.

Zusammenfassend, das Risiko ist zwar immer da , man kann es mit genug Liquidität deutlich minimieren. Aber warum zum Teufen sollte ich nackte Optionen überhaupt verkaufen? Spread-oder andere Kombinationsstrategien begrenzen das Risiko deutlich. Nun, der Schlüssel liegt im Vorteil.

Lawrence McMillan, der mehrfach über nackte Optionen schreibt, s. unten, betont, dass man dies Geschäfte grundsätzlich dann tätigt, wenn die implizite Volatilität im oberen 90% Quantil ist, sprich, sie liegt fast an der oberen Begrenzung des historischen Schwankungsintervalls. Nur dann kann man vom Vorteil gegenüber dem Markt sprechen. Die meisten wollen ja die Puts kaufen, wenn die Preise fallen. Unter solchen Umständen lohnt es sich nicht, Spreads zu verkaufen. In der Regel legen alle Basispreise gleich stark zu.

The Strategy of Selling Naked Options (07:03) | Option Strategist

Für mich ist eine solche Strategie nicht zu gebrauchen. Ich habe sie viele Jahre angewendet. Und wie viele andere nackte Stillhalter hatte ich irgendwann genug, ständig auf den Verfall zu warten mit der Hoffnung, dass die Optionen wertlos verfallen. Das ging in den Jahren 2005-2007 lange Zeit gut. Aber irgendwann war Schluss, der Markt hat die Optionen richtig gepreist oder sogar zu niedrig. Ude glauben Sie mir, Sei werden es nicht merken. Sie verlieren in wenigen Tagen den gesamten Gewinn der letzten 12 Monate.

Mit Spreads kann es nicht passieren. Hier können Sie immer unproblematisch rollen und die Position schlicht „umdrehen“. Bei der Eröffnung warte ich nicht auf die richtige Gelegenheit und erst recht nicht auf das Timing. Mein Vorteil ergibt sich auf der permanenten Wartezeit unter möglichst günstigen Bedingungen. Das ist mein „Geheimnis“. Ich will nicht sagen, dass ich im Besitz einer wahren „Einkommensstrategie“ bin. Denn auch bei mir gibt es längere Phasen, in welchen das Portfolio stagniert oder sogar verliert. Also ein Monat ohne Gehalt oder ohne Geldtag wie mein kürzlich verstorbener Onkel ( 89) noch in Schlesien sagte.

Ich bin jedoch auch nur ein Mensch, dem oft die Disziplin fehlt. In den letzten tagen denke ich öfter über das Schreiben von nackten Optionen nach. Ich werde es testen, sobald der Markt wieder etwas einbricht.

Veröffentlicht von Option_Basil

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