Jetzt werde ich etwas bissiger. Aber so kritisch wie der Beitragstitel suggeriert, nun doch nicht.
Binäre oder auch Digitale Optionen gehören zum letzten Schrei der Finanzbranche. Es sind wieder mal Produkte mit einem pfiffigen Namen, die den Privatanlegern die große Welt des Investment Bankings näher bringen sollten. Ähnlich wie man den sonst kapitalintensiven Devisenhandel mit Hilfe des „FX-Brokerage“ komprimiert und kreditfinanziert den Kleinzockern zugänglich machte, ging man bei den Digitalen vor.
Es handelt sich dabei um Derivate, mit welchen auf die Entwicklung eines beliebigen Basispreises gewettet wird. Darin ist natürlich nichts Besonderes. In zahlreichen Weltbörsen, wie etwa in der Frankfurter EUREX werden Optionen, Futures auf Aktien, Anleihen, Indizes gehandelt. Vom riesigen Markt der außerbörslichen sog. OTC-Derivate ganz zu schweigen.
Das Besondere an den Binären Optionen ist jedoch ihr ungewöhnlicher Auszahlungsprofil, welches sehr an die gängigen Angebote einer Spielbank erinnert. Denn während man bei den Standardoptionen von ungewöhnlich starken Schwankungen besonders profitieren kann, steht die Auszahlung bei den Digitalen von Anfang an fest. Und während ich als Stillhalter in Standardoptionen von der Überschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit seltener Ereignisse profitiere, steht mit bei den Digitalen nicht die Möglichkeit zum Verkauf zu. Gut, diese Restriktion gilt auch für alle Optionsscheine und andere Zertifikate, deshalb steht es nicht im Mittelpunkt meiner Kritik. Aber die fixe Auszahlung, die macht mir Sorgen.
Wie funktionieren die Binären? Ich maße mir nicht an, eine Einführung (kostenlos) zu geben. Dafür gibt es genügend Seiten, die auch für verschiedene Broker werben, indem sie sie vergleichen. B.
http://www.binaereoptionen.com/. Die präsentierten Anbieter zeigen sich sehr professionell und neutral, fast als wären sie auf Kundenseite, bzw. als gäbe es keine Seite und alle gewinnen können. In wenigen Schritten verfügt man über ein Demokonto und wird schnell aufgefordert, das Geld für das richtige Konto einzuzahlen. Übrigens hat in den letzten fünf Jahren eine sehr positive Entwicklung stattgefunden. Durch diverse Medienberichte über Betrüger in der Branche, sind die Broker viel transparenter geworden.
Am Geschäftsmodell der Anbieter der Digitalen hat sich jedoch nicht viel geändert, auch wenn auch hier beobachte ich eine häufige Anpassung der Konditionen, die immer kundenfreundlicher werden. Man geht auf die Wünsche der Kunden ein. Jetzt zurück zur Funktionsweise.
Sie wetten, dass der Basiswert, z. B. der DAX am Ende einer Zeitperiode, die zwischen 1 Minute und einigen Monaten liegen kann, entweder oberhalb oder unterhalb des aktuellen Wertes steht. Liegen Sie richtig, bekommen Sie Ihren Einsatz und z. B. 80% dazu. Liegen Sie falsch, dann verlieren Sie Ihren Einsatz.
Die Berechnung des fairen Preises der Option ist relativ einfach. Ich vernachlässige hier die Dividenden, risikofeien Zins und gehe von einer kurzen Laufzeit aus.
Angenommen, der DAX steht um 12:00 Uhr bei 11.000. Sie setzten 100 Euro, dass der DAX um 11:10 Uhr oberhalb 11.000 steht. Beim Volltreffer, bekommen Sie 180 Euro zurück, ansonsten verlieren Sie 100 Euro.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Recht haben, beträgt 50%.
Ihr erwarteter Gewinn beträgt somit = 50% * 80 – 50% * 100 = -10 Euro.
Oder anders, der faire Wert der Option ist gleich 50% * 180 Euro = 90 Euro und nicht 100 Euro !
Sie zahlen also zu viel, für das, was Sie gewinnen können.
Der Broker hat also keinen Stress. Er nimmt grundsätzlich immer eine Gegenposition an. Theoretisch müsste er sich gegen die für ihn ungünstige Bewegung absichern. Das heißt im oberen Beispiel, dass er ebenfalls eine Kaufoption kauft und zwar so, dass sich das Geschäft für ihn lohnt. Ich stelle mir einen solchen Hedge schwierig vor, weil es keine Börsen für Binäre Optionen gibt. Somit sind die Broker auf die Standardoptionen mit variabler Auszahlung angewiesen.
Aber nicht immer!
Wenn nämlich genügend Kunden auf beide Veränderungsrichtungen wetten, dann muss sich der Broker gar nicht absichern. Denn jedem Käufer einer Kaufoption entspricht ein Käufer einer Verkaufsoption. Die einen gewinnen 80% und die anderen verlieren 100%. Die Rechnung ist doch einfach, oder?
Die erste Pointe meiner Analyse ist tatsächlich die aus dem Titel. Wenn ich genügend Kapital für die Infrastruktur gesammelt habe und der Segen der Regulierungsbehörde habe, spricht nichts dagegen, auf Kundenjagd zu gehen. Je mehr Privathändler desto besser.
Aber es gibt doch ein „aber“.
Als Händler kann ich durchaus mit etwas Sachverstand von den Digitalen profitieren. Ähnlich wie ich in der Spielbank mit Black Jack regelmäßig gewinnen kann, oder zumindest nicht verlieren, wenn ich einige Grundsätze der Statistik beachte oder die Möglichkeit habe, Karten zu zählen.
Durch die starre Auszahlung , bekomme ich unter Umständen viel ausgezahlt, als mit den Standardoptionen, wo die Auszahlung vom Kurs des Basispreises abhängt. Wenn ich also gleichzeitig mit dem Kauf eines Binären Calls einen Standard-Call z. B. an der EUREX verkaufe, dann baue ich für eine kurze Zeit eine risikofreie Position auf. Das gleiche Geschäft müsste auch mit einem Put getan werden. Damit mache ich mich unabhängig von der Richtung. Problematischer wird es nur, wenn der Basiswert sich viel weiter bewegt. Man muss also ein gutes Gefühl für die Volatilität haben. Diese ist bekanntlich einfacher zu prognostizieren als der Kurs selbst. So wird zumindest gerne in den Lehrbücher behauptet.
Von diesem Geheimtipp abgesehen, bleiben die Binären eine sinnvolle Bereicherung der Börsenszene. Vom Investieren oder Anlegen kann hier nicht die Rede sein. Es ist ein Spiel und die Händler sind Spieler. Die Deutschen meiden diesen Begriff im Zusammenhang mit Finanzen. Die übrige Welt hat damit kein Problem. Sowohl in den USA als auch in Polen nennet man Trader einfach Spieler in den abendlichen Nachrichten.
Das Zocken auf Basis wirtschaftlicher Daten ist aber ein wichtiger Stabilisator an der Börse.
Zum Schluss konnte ich mich nicht beherrschen und eröffnete ein Demo-Konto bei einem der Anbieter. Dukascopy liegt zwar auf Platz 11 in der Aufstellung auf der Seite
http://www.binaereoptionen.com/binaere-optionen-anbieter-vergleich/.
Allerdings ist dieser Broker einer der wenigen, der unkompliziert ein Demokonto anbietet.
Ich habe somit schnell ein 50.000 Euro Account bekommen und konnte loslegen.
Meine Erfahrungen:
- Anmeldung sofort,
- Seite sehr ansprechend, übersichtlich und selbsterklärend. Ich benötigte keine Manuals, um die ersten Trades zu tätigen.
- Es stehen zahlreiche Produkte zur Verfügung, u. a. Devisen, Indizes und einzelne Aktien. Neben dem Produkt wählt man den Betrag , z. B. 1000 Euro, das Verhältnis Gewinn/Verlust z. B. 90/100 und die Laufzeit der Option, z. B. 1 Minute. Und natürlich Call oder Put. Hier ist anzumerken, dass ich stets den Basispreis gleich dem aktuellen Kurs wählen kann. Dies ist keine Überraschung, da sonst das Geschäftsmodell der Broker nicht funktionieren würde.
- Nachdem ich nun die Order eingegeben habe, sehe ich einen Statusbalken, der die verbleibende Zeit der offenen Optionsposition anzeigt. Nach Ablauf der 60 Sekunden wird der entsprechendr Betrag eingebucht oder abgezogen.
- Durch die sehr schnelle und einfach zu bedienende Oberfläche ist man fast dazu verdammt, immer wieder zu spielen, Das Suchtpotenzial ist also nicht zu unterschätzen.
Fazit: Es ähnelt sehr einem Glückspiel, was aber in sich nicht schlimm ist, wenn mit fairen Methoden gespielt wird.
Mit Aktienindizes kann ich aber auch ein Trading mit Digitalen vorstellen. Denn Indizes zeigen oft ein besonderes Verhalten beim Ausbruch aus einem Kanal. Sie springen oft aufgrund der Stopp-Loss-Orders, die automatisch gefüllt werden. Oder habe ich hier einen weiteren geldwerten Tipp verkauft … ?